Evolution und Meme: Das menschliche Gehirn als selektiver Imitationsapparat

In: Alexander Becker et al. (Hg.): Gene, Meme und Gehirne. Geist und Gesellschaft als Natur, Frankfurt: Suhrkamp 2003 pp 49-89

Translation of Blackmore,S. 2001 Evolution and memes: The human brain as a selective imitation device. Cybernetics and Systems, 32, 225-255.

Translated by Hajo Greif and published here with his permission.


Der Begriff des Mems wurde zuerst von Dawkins (1996a [1976]) vorgeschlagen und hat seitdem seine Verbreitung in den Debatten (unter anderem) über die Evolutionstheorie, menschliches Bewußtsein, Religionen, Mythen und Viren des Geistes gefunden (vgl. Dennett 1994 [1991] und 1997 [1995], Dawkins 1993, Brodie 1996, Lynch 1996). Ich glaube jedoch, daß die Theorie der Meme eine grundlegendere Rolle für unser Verständnis der menschlichen Natur spielen kann. Ich nehme an, daß sie uns ein neues Verständnis der Frage erlaubt, warum und wie sich das menschliche Gehirn entwickelt hat, und warum sich die Menschen in wesentlichen Aspekten von allen anderen Spezies unterscheiden. Meine Hypothese läßt sich wie folgt umreißen.

Der Lauf der Evolution des Menschen hat sich völlig verändert, als Imitation das erste mal auftauchte, denn diese hat einen neuen Replikator in die Welt gesetzt: das Mem. Seit jener Zeit haben zwei statt nur einem Replikator die menschliche Evolution angetrieben. Aus diesem Grund verfügen die Menschen über derart große Gehirne, und darum sind allein die Menschen in der Lage, eine grammatikalisch strukturierte Sprache zu benutzen und zu verstehen, zu singen, zu tanzen, Kleider zu tragen und kumulative, komplexe Kulturen hervorzubringen. Anders als andere Gehirne mußten die menschlichen Gehirne das Problem der Auswahl unter den zu replizierenden Memen lösen. In anderen Worten: Ihre Gehirne wurden dazu entworfen, selektiv zu imitieren.

Dies ist eine starke Behauptung. Das Ziel dieses Aufsatzes ist es, erstens diese Behauptung zu erklären und zu verteidigen, zweitens die Implikationen einer Evolution von zwei Replikatoren auszuloten, und drittens Vorschläge dahingehend zu machen, wie einige dieser Annahmen überprüft werden können. Eine Implikation ist, daß wir die Wichtigkeit der Imitation unterschätzt haben.

Der neue Replikator

Das wesentliche Merkmal aller Evolutionsprozesse ist, daß eine Art von Information unter den Bedingungen von Variation und Selektion kopiert wird. Den Zusammenhang hat zuerst Darwin (1859) aufgezeigt: Wenn es Lebewesen gibt, die in ihrer Form untereinander variieren, und wenn es eine Selektion dahingehend gibt, daß nur einige dieser Lebewesen überleben, und wenn die Überlebenden all das an ihre Nachkommen weiterreichen, was ihnen beim Überleben behilflich war, dann müssen diese Nachkommen im Schnitt besser als ihre Eltern an diejenige Umwelt angepaßt sein, in der die Selektion stattfand. Es ist der zwingende Charakter dieses Prozesses, der die Evolution zu einem derart mächtigen Erklärungswerkzeug gemacht hat: Wenn die drei Voraussetzungen — Variation, Selektion und Vererbung — gegeben sind, ist Evolution unvermeidlich die Folge. Aus diesem Grund nennt Dennett diesen Prozeß auch den “Evolutionsalgorithmus”: Er ist ein von jeder Absichtlichkeit freies Verfahren — ein “Prinzip, wonach Gestaltung ohne Zutun eines Geistes aus dem Chaos entstehen kann” (Dennett 1997 [1995], S. 63).

Das Funktionieren dieses Algorithmus ist davon abhängig, daß etwas kopiert wird, und dieses Etwas nennt Dawkins den “Replikator”. Somit kann ein Replikator als jegliche Einheit von Information definiert werden, die mit Variationen und Fehlern kopiert wird und deren Beschaffenheit einen Einfluß auf die Wahrscheinlichkeit der eigenen Replikation hat (Dawkins 1996a [1976]). Alternativ zu dieser Definition können wir uns den Replikator auch als Information vorstellen, die der Operation des Evolutionsalgorithmus unterzogen wird (Dennett 1997 [1995]) oder die einer blinden Variation mit selektiver Erhaltung unterworfen ist (Campbell 1960), oder als eine Entität, die ihre Struktur in aufeinanderfolgenden Replikationen weitgehend unversehrt weitergibt (Hull 1988).

Der bekannteste Replikator ist das Gen. In biologischen Systemen finden sich Gene auf diffizile Weise in größere Strukturen, wie etwa Organismen, eingeschlossen. Darum hat Dawkins die Gene als Replikatoren von den Vehikeln unterschieden, von denen sie transportiert werden und die einen Einfluß auf ihr Überleben haben. Hull bevorzugt demgegenüber den Term “Interaktoren” für diejenigen Entitäten, die als geschlossenes Ganzes mit ihrer Umwelt interagieren und für eine differentielle Replikation verantwortlich sind (Hull 1988). In jedem Fall mag die Selektion auf der Ebene des Organismus (und wohl auch auf anderen Ebenen) stattfinden, doch der Replikator ist die Information, die verhältnismäßig intakt über aufeinanderfolgende Replikationen kopiert wird und die der letztendliche Nutznießer des Evolutionsprozesses ist.

Es ist zu beachten, daß sich der Begriff des Replikators nicht auf die Biologie beschränkt. Wo immer es einen Evolutionsprozeß im oben definierten Sinne gibt, gibt es auch einen Replikator. Dies ist das grundlegende Prinzip dessen, was mittlerweile als “universeller Darwinismus” (Dawkins 1996a [1976], Plotkin 1993) bekannt geworden ist, welcher die darwinistischen Prinzipien auf alle evolvierenden Systeme anwendet. Andere Kandidaten für evolvierende Systeme mitsamt eigener Replikatoren umfassen das Immunsystem, die neuronale Entwicklung und das Lernen mittels Versuch und Irrtum (vgl. etwa Calvin 1998 [1996], Edelman 1993 [1989], Plotkin 1993, Skinner 1953).

Der neue Replikator, auf den ich mich hier beziehe, ist das Mem. Dawkins’ Absicht bei der Einführung dieses Begriffs war es, die Prinzipien des universellen Darwinismus anhand eines neuen Beispiels für einen Replikator jenseits des Gens zu illustrieren. Er machte geltend, daß, wann immer Menschen Fertigkeiten, Gewohnheiten oder Verhaltensweisen mittels Imitation voneinander kopieren, ein neuer Replikator am Werk ist.

“Wir brauchen einen Namen für den neuen Replikator, ein Substantiv, das die Einheit der kulturellen Vererbung vermittelt, oder eine Einheit der Imitation. Von einer entsprechenden griechischen Wurzel ließe sich das Wort ‘Mimem’ ableiten, aber ich suche ein einsilbiges Wort, das ein wenig wie ‘Gen’ klingt. Ich hoffe, meine klassisch gebildeten Freunde werden mir verzeihen, wenn ich Mimem zu Mem verkürze. […] Beispiele für Meme sind Melodien, Gedanken, Schlagworte, Kleidermoden, die Art, Töpfe zu machen oder Bögen zu bauen. So wie Gene sich im Genpool vermehren, indem sie sich mit Hilfe von Spermien und Eizellen von Körper zu Körper fortbewegen, verbreiten sich Meme im Mempool, indem sie von Gehirn zu Gehirn überspringen, vermittelt durch einen Prozeß, den man im weitesten Sinne als Imitation bezeichnen kann.” (Dawkins 1996a [1976], S. 308 f)

Heute erklärt Dawkins, daß er für den von ihm eingeführten Begriff eine bescheidene, ganz und gar kontrastive Rolle vorgesehen hatte. Er wollte seine Leser damit allein vor dem Gedanken bewahren, daß Gene das “ein und alles der Evolution, […] diejenige Einheit in der Hierarchie des Lebens [sind], der alle Anpassungen zugute kommen” (Dawkins 2000, S. 20), und er wollte klarmachen, daß die grundlegende Einheit der natürlichen Selektion der Replikator ist — und zwar jegliche Art von Replikator. Dessenungeachtet hat Dawkins das Fundament für die Memetik gelegt. Manche Meme hat er mit Parasiten verglichen, die einen Wirtsorganismus befallen; insbesondere hatte er dabei Religionen im Visier, die er als “Viren des Geistes” bezeichnete (Dawkins 1993). Darüber hinaus zeigte Dawkins, wie einander gegenseitig unterstützende Meme sich zu koadaptierten Mem-Komplexen (oder auch Memplexen) gruppieren und sich oft auf Kosten ihres Wirtes ausbreiten.

Dennett hat den Begriff des Mems im Anschluß daran benutzt, um den Evolutionsalgorithmus zu illustrieren und um die Fragen der Personalität und des Bewußtseins in memetischen Begriffen zu diskutieren. Er legte Nachdruck auf die Frage: “Cui bono?” — Wem nützt es? Der letztendliche Nutznießer eines Evolutionsprozesses, so betonte er, ist das, was auch immer in seinem Verlauf kopiert wird — also der Replikator. Alles andere, inclusive all der Adaptationen, die auf diesem Wege zustandekommen, erfolgt letzten Endes um der Replikatoren willen.

Diese Vorstellung ist der Kern dessen, was als die Theorie des egoistischen Gens bekannt geworden ist, doch es ist wichtig, diese Erkenntnis auf die Untersuchung aller neuen Replikatoren zu übertragen. Wenn Meme wirklich Replikatoren in eigenem Recht sind, dann sollten wir erwarten, daß im Verlauf der menschlichen Evolution Dinge geschehen, die weder den Genen nutzen noch den Menschen, die diese Gene tragen, sondern allein den Memen, die von diesen Menschen kopiert worden sind. Diese Annahme ist der Dreh- und Angelpunkt für das Verständnis der Memetik überhaupt. Darin nämlich unterscheidet sie sich von eng verwandten Theorien in der Soziobiologie (Wilson 1975) und der evolutionären Psychologie (z.B. Barkow, Cosmides und Tooby 1992, Pinker 1998 [1997]). Über seine Kollegen klagte Dawkins: “Letzten Endes wollen sie immer wieder auf die ‘biologischen Vorteile’ hinaus.” (Dawkins 1996a [1976], S. 310) Dies trifft auf Theorien in der evolutionären Psychologie zu, aber auch auf die meisten der vorherrschenden Theorien der Koevolution von Genen und Kultur. Zum Beispiel gibt es die berühmte Behauptung von Wilson, daß “die Gene die Kultur an der Leine führen.” (Lumsden und Wilson 1981) Später hat er zwar eingestanden, daß der Begriff des Mems gegen seine verschiedenen Wettbewerber gewonnen hat, aber er macht immer noch geltend, daß Meme (wie etwa Mythen und soziale Verträge) sich über Jahrmillionen entwickelt haben, weil sie den Genen einen Überlebensvorteil verliehen und nicht etwa, weil sie sich selbst Vorteile verschafften (Wilson 1998). Andere Theorien, wie etwa die mathematischen Modelle von Cavalli-Sforza und Feldman (1981) und Lumsden und Wilson (1981), nehmen die Gesamtfitness als den obersten Schiedsrichter an, so wie auch Durham (1991), der die Auffassung vertritt, daß organische und kulturelle Selektion denselben Kriterien folgen und zueinander komplementär sind. Zu den wenigen Ausnahmen gehören Boyds und Richersons Modell der dualen Vererbung (Dual Inheritance Model) (1985), das den Begriff der kulturellen Fitness einschließt, und Deacons koevolutionäre Theorie (1997), in der Sprache mit einem parasitären Organismus verglichen wird, dessen Adaptationen sich zum Zwecke seiner eigenen Replikation und nicht der seines Wirtes entwickelten.

Bis auf die genannten Ausnahmen bleiben für die meisten Theorien die Gene das Entscheidende, auch wenn maladaptive Eigenschaften (das heißt: maladaptiv für die Gene) auftreten oder unter manchen Bedingungen sogar gedeihen können (Durham 1991, Feldman und Laland 1996). Wenn man jedoch die Meme als echte Replikatoren anerkennt, muß man die Auswirkungen auf die Fitness der Meme selbst in Betracht ziehen. Dies kann einen großen Unterschied ausmachen — und aus diesem Grund sage ich, daß sich die Evolution völlig verändert hat, als die Meme auftraten.

Wann geschah dies? Wenn wir Meme als Information definieren, die auf dem Weg der Imitation kopiert wird, geschah jene Veränderung in dem Moment, als die Imitation auftrat. Ich werde geltend machen, daß wir just dieser Definition folgen sollten, aber dies wird einer Rechtfertigung bedürfen.

Definitionsprobleme

Hätten wir eine allgemein übereinstimmende Definition von Imitation zur Verfügung, könnten wir Meme als dasjenige definieren, was nachgeahmt wird (so wie Dawkins dies ursprünglich tat). In diesem Falle könnten wir sagen, daß Meme per definitionem immer und genau dann übertragen werden, wenn Imitation stattfindet, und in Hinblick auf die Evolution könnten wir sagen, daß es Meme immer und genau dann gibt, wenn Imitation auftritt. Leider gibt es nun weder eine übereinstimmende Definition von Memen noch von Imitation. Vielmehr sind just diese Definitionen höchst umstritten. Meiner Meinung nach können wir einen Ausweg aus diesen Definitionsproblemen finden, indem wir uns Imitation im Sinne von Evolutionsprozessen vorstellen und indem wir die Definitionen von Memen und von Imitation miteinander verbinden.

Mein Argument läßt sich wie folgt umreißen: Die ganze Pointe des Mem-Konzeptes besteht in der Beschaffenheit des Mems als Replikator. Dementsprechend muß der Vorgang, über den ein Mem kopiert wird, dem Evolutionsalgorithmus von Variation, Selektion und Adaptation genügen. Das Mem muß also Kopien seiner selbst erzeugen, die über eine Aufeinanderfolge von Replikationsstadien erhalten bleiben und die zugleich variieren und einer Selektion unterzogen werden. Wenn Imitation solch ein Vorgang ist, während andere Arten des (sozialen) Lernens es nicht sind, dann lassen sich beide Definitionen praktischerweise aneinander koppeln: Wir können Imitation als einen Kopiervorgang definieren, auf den sich ein Evolutionsprozeß stützt, und wir können Meme als den Replikator definieren, der im Zuge jenes Kopierens übermittelt wird.

Es ist zu beachten, daß dies keine zirkuläre Definition ist. Sie ist in entscheidender Weise von einer empirischen Frage abhängig: Ist Imitation tatsächlich eine Art von Vorgang, auf den sich ein neues evolutionäres System stützen kann? Wenn dies der Fall ist, dann muß ein Replikator im Spiel sein, und diesen Replikator können wir das Mem nennen. Sollte dies nicht der Fall sein, ist das ganze Vorhaben sinnlos. Dies ist die große empirische Streitfrage, zu der ich zurückkehren möchte, sobald ich einige der Probleme mit unseren gegenwärtigen Definitionen erörtert habe.

Das Mem definieren

Das Oxford English Dictionary definiert das Mem wie folgt: “meme (mi:m), n. Biol. (shortened from mimeme … that which is imitated, after GENE n.) An element of a culture that may be considered to be passed on by non-genetic means, esp. imitation.”[1] Diese Definition baut ganz klar auf Dawkins’ ursprünglicher Idee auf, und sie ist soweit klar. Doch es gibt noch eine Reihe anderer, formaler wie nicht-formaler Definitionen des Mems, und dementsprechend auch viel Streit darüber, welche die beste sei. Diese Definitionen weichen in bezug auf zwei grundsätzliche Fragen voneinander ab: (1) ob Meme nur im Gehirn existieren oder auch außerhalb; (2) auf welche Weise sie übermittelt werden.

Es ist von entscheidender Bedeutung, wie wir Meme definieren — nicht nur für die weitere Entwicklung der Memetik als Wissenschaft, sondern auch für unser Verständnis von Evolutionsprozessen in natürlichen wie in künstlichen Systemen. Aus diesem Grund benötigen wir die richtigen Definitionen. Als richtig zählt meiner Einschätzung nach genau jene Definition, die dem Begriff des Mems als Replikator in einem neuen Evolutionsprozeß gerecht wird. Jede Definition, die davon abweicht, verfehlt den ganzen Zweck und verspielt die ganze Kraft der Idee des Mems — und damit den eigentlichen Grund für ihre Existenz. Ich messe die konkurrierenden Definitionen an genau diesem Standard. Meine Schlußfolgerung wird sein, daß Meme sowohl in Gehirnen als auch außerhalb von ihnen existieren, und daß sie auf dem Wege der Imitation weitergegeben werden. Der Rest dieses Abschnitts führt dieses Argument aus und kann, um das Gesamtbild besser in den Blick zu bekommen, übersprungen werden.

Zuerst stellt sich die Frage, ob nur in den Gehirnen von Menschen gespeicherte Informationen als Meme gelten sollen — wie etwa Ideen, neuronale Muster, Erinnerungen oder Wissen —, oder ob auch Informationen dazugezählt werden sollten, die in Verhaltensmustern oder Artefakten verfügbar sind — wie etwa Äußerungen, Gesten, Kunst und Erfindungen oder Informationen in Büchern und Computern.

Cloak hat 1975 zwischen den Anweisungen kultureller Art in den Köpfen von Menschen (welche er I-Kultur nannte) und den Verhaltensweisen, den Technologien sowie der sozialen Organisation, die sie hervorbringen (welcher er M-Kultur nannte), unterschieden. Dawkins (1996a [1976]) hat diese Unterscheidung anfangs ignoriert und den Begriff “Mem” sowohl für Verhaltensmuster und physikalische Strukturen im Gehirn als auch für auf andere Weise gespeicherte memetische Information (wie in seinen Beispielen der Melodien, Ideen und Moden) verwendet. Diese Position wird manchmal als “Dawkins A” bezeichnet (Gatherer 1998). Später (in Dawkins B) hat er sich entschlossen, daß “ein Mem als eine Informationseinheit betrachtet werden sollte, die in einem Gehirn ihren Sitz hat (Cloaks I-Kultur).” (Dawkins 1982, S. 109) Dies impliziert, daß die in Kleidungsstücken oder Melodien gespeicherte Information nicht als ein Mem gelten kann. Doch auch später sagt Dawkins noch, daß Meme “sich selbst von Gehirn zu Gehirn, von Gehirn zu Buch, von Buch zu Gehirn, von Gehirn zu Computer, von Computer zu Gehirn fortpflanzen können.” (Dawkins 1990 [1986], S.186) Es ist anzunehmen, daß sie immer noch in allen Formen der Speicherung als Meme gelten — und nicht nur dann, wenn sie sich in einem Gehirn befinden. Damit finden wir uns bei Dawkins A wieder.

Dennett (1994 [1991], 1997 [1995]) behandelt Meme als Informationen, die der Operation des Evolutionsalgorithmus unterzogen werden — gleich ob sie sich in einem Gehirn, einem Buch oder einem anderen physikalischen Objekt befinden. Er weist darauf hin, daß jegliches Kopieren eines Verhaltens zwangsläufig eine neuronale Veränderung mit sich bringt, und daß die Struktur eines Mems in zwei verschiedenen Gehirnen mit einiger Wahrscheinlichkeit verschieden sein wird, doch er begrenzt das Auftreten von Memen nicht auf diese neuronalen Strukturen. Durham (1991) behandelt Meme ebenfalls als Informationen, wiederum ohne Bezugnahme auf die Art ihrer Speicherung. Wilkins definiert ein Mem als “die kleinste Einheit einer soziokulturellen Information in bezug auf einen Selektionsprozeß, der eine über seine endogene Neigung zur Veränderung hinausgehende günstige oder ungünstige Selektionstendenz aufweist.” (Wilkins 1998) Diese Definition beruht auf Williams mittlerweile klassischer Definition des Gens als “jegliche vererbliche Information, für die es eine günstige oder eine ungünstige Selektionstendenz gibt, die dem mehr- oder vielfachen seiner endogenen Veränderungsrate entspricht.” (Williams 1966, S. 25) Wichtig ist es in diesem Zusammenhang, daß die memetische Information lange genug intakt bleibt, um überhaupt einem Selektionsdruck ausgesetzt zu werden. Es ist dabei nicht von Bedeutung, wo und in welcher Form sich diese Information befindet.

Im Gegensatz dazu beschreibt Delius (1989) Meme als “Konstellationen von aktivierten und nicht-aktivierten Synapsen innerhalb neuronaler Gedächtnisnetzwerke” (neural memory networks) (S. 45) oder auch als “Arrangements von modifizierten Synapsen.” (S. 54) Lynch (1991) definiert sie als Gedächtnisabstraktionen oder Gegenstände des Gedächtnisses, Grant (1990) als Muster von Informationen, die den menschlichen Geist infizieren, und Plotkin als Ideen oder Repräsentationen — “das innenliegende Ende der Wissensbeziehung” (Plotkin 1993, S. 251) —, während für Wilson “die natürlichen Elemente von Kultur jene hierarchisch strukturierten Komponenten des semantischen Gedächtnisses sind, die durch die einzelnen Neuronenschaltkreise verschlüsselt wurden und ständig ihrer Entschlüsselung harren.” (Wilson 1998, S. 183) In engerer Anlehnung an evolutionäre Prinzipien definiert Brodie das Mem als “eine Informationseinheit in einem Geist, deren Vorhandesein Ereignisabläufe dergestalt beeinflußt, daß in einem anderen Geist zusätzliche Kopien dieser Einheit erzeugt werden” (Brodie 1996, S. 32), doch schränkt dies Meme auf ein Vorhandensein im Geist ein. Anscheinend können Meme gemäß der zuletzt angeführten Definitionen nicht in Büchern oder Gebäuden existieren, so daß den Büchern und den Gebäuden eine andere Rolle zugewiesen werden muß. Dies wurde auch versucht, in Form zusätzlicher Definitionen, die in mehr oder weniger expliziter Analogie zu Genen eingesetzt wurden.

Cloak (1975) hat ganz explizit seine I-Kultur mit dem Genotyp und die M-Kultur mit dem Phänotyp verglichen. Dennett (1997 [1995]) spricht ebenfalls, wenn auch auf andere Weise, von Memen und ihren phänotypischen Effekten. Das Mem ist innerlicher Natur (wenn auch nicht auf das Gehirn beschränkt), sein Phänotyp dagegen ist die “Gestaltung, die es der Welt zeigt und mit der es Bestandteile seiner Umwelt beeinflußt.” (S. 485) In fast genauer Umkehrung der Vorstellung vergleicht Benzon (1996) Töpfe, Messer und geschriebene Wörter (Cloaks M-Kultur) mit dem Gen, Ideen, Wünsche und Gefühle (I-Kultur) dagegen mit dem Phänotyp. Gabora (1997) vergleicht den Genotyp mit der mentalen Repräsentation eines Mems und den Phänotyp mit seiner Realisierung. Delius (1989) bezeichnet Verhalten als die phänotypische Expression des Mems, nachdem er Meme als im Gehirn befindlich definiert hat; in seiner Diskussion der Rolle von Kleidermoden bleibt er jedoch zweideutig. Grant (1990) definiert den “Memotyp” als den eigentlichen informationalen Gehalt eines Mems und unterscheidet ihn vom “Soziotyp” als seiner sozialen Expression. Er basiert seine Memotyp/Soziotyp-Unterscheidung explizit auf der Genotyp/Phänotyp-Unterscheidung. All diese Unterscheidungen weichen leicht voneinander ab, und es ist ganz und gar nicht klar, welche von ihnen, wenn überhaupt, besser ist.

Das Problem ist folgendes: Wenn Meme wie Gene funktionierten, dann sollten wir markante Analogien zwischen den beiden evolutionären Systemen finden. Doch funktionieren Gene und Meme, obwohl beide Replikatoren sind, durchaus verschieden, weswegen wir mit Mem-Gen-Analogien sehr vorsichtig sein sollten. Ich nehme an, daß es in der Memetik kein klares Äquivalent zur Genotyp/Phänotyp-Unterscheidung gibt, da Meme ein relativ neuer Replikator sind, so daß sie noch kein derart hocheffizientes System für sich selbst erschaffen haben. Statt dessen haben wir es mit einem ziemlich ungeordneten System zu tun, in dem Informationen an allen möglichen Orten auf alle möglichen Arten kopiert werden.

Ich habe an anderer Stelle das Beispiel einer Person angeführt, die ein neues Rezept für Kürbissuppe erfindet und dieses an zahlreiche Freunde und Verwandte weitergibt (Blackmore 2000a [1999]). Dieses Rezept kann durch Vorführen weitergegeben werden, aber auch durch Aufschreiben auf Papier, durch fernmündliches Erklären, durch ein Fax oder eine Email, oder aber auch (was schwierig ist), indem man von der Suppe kostet und versucht herauszufinden, wie sie wohl zubereitet sein mag. Es ist ein Leichtes, sich Beispiele dieser Art auszudenken, die mit der Genotyp/Phänotyp-Analogie ihren Schabernack treiben, da es so viele verschiedenee Arten und Weisen des Kopierens gibt. Am wichtigsten für das gegenwärtige Argument ist es, daß wir uns die folgende Frage stellen müssen: Gilt eine Information über die neue Suppe nur dann als ein Mem, wenn sie sich in jemandes Kopf befindet, oder auch dann, wenn sie auf dem Papier steht, sich im Handlungsablauf des Kochens manifestiert oder wenn sie per Telefon übermittelt wird? Wenn die Antwort lautet, daß Meme nur im Kopf sind, müssen wir der Vielfalt der zuletzt genannten Formen eine andere Rolle zukommen lassen — und das führt, wie wir gesehen haben, zu Verwirrung.

Meine Schlußfolgerung sieht so aus: Der ganze Sinn der Meme besteht darin, sie als Information anzusehen, die in einem Evolutionsprozess kopiert wird (d.h. unter den Bedingungen von Variation und Selektion). Angesichtes der Komplexität der menschlichen Lebensformen kann Information auf unzählige Weisen kopiert werden. Wir tun dem Grundbegriff des Mems Unrecht, wenn wir versuchen, ihn auf die in den Köpfen von Menschen gespeicherten Informationen einzuschränken — ganz abgesehen davon, daß wir damit allen möglichen weiteren Verwirrungen Tür und Tor öffnen. Aus diesem Grund stimme ich mit Dennett, Wilkins, Durham und Dawkins A überein, die allesamt den möglichen Sitz der Meme nicht auf das Gehirn einschränken. Die Informationen in diesem Artikel gelten als Meme, wenn sie sich in meinem oder in Ihrem Kopf befinden, wenn sie sich in meinem Computer oder auf den Seiten dieses Buches wiederfinden, oder auch wenn sie in Glasfaserkabeln um den Globus eilen oder von Satelliten gesendet werden — denn sie sind in jeder dieser Formen prinzipiell kopierbar, so daß sie an einem Evolutionsprozeß teilhaben können.

Nun können wir uns dem anderen leidigen Definitionsproblem zuwenden — der Frage nach der Art und Weise des Replizierens von Memen. Die Wörterbuchdefinition legt besonderen Nachdruck auf den Prozeß der Imitation, sowohl in der Ableitung des Wortes “Mem” als auch in der Erklärung des vornehmlichen Fortpflanzungswegs der Meme. Damit folgt sie eindeutig Dawkins’ ursprünglicher Definition, doch war es umsichtig von ihm, von “Imitation im weiten Sinne” zu sprechen. Wahrscheinlich beabsichtigte er, viele Prozesse mit ins Bild zu bekommen, von denen wir nicht annehmen würden, daß sie in Imitation bestünden, die aber von Imitation abhängen — wie etwa persönliches Unterrichten, verbale Anleitung, Lernen durch Lesen oder dergleichen. Alle diese Prozesse verlangen die Fähigkeit zur Imitation. Zumindest verlangt das Erlernen von Sprache die Fähigkeit, Laute zu imitieren, während angeleitetes und kollaboratives Lernen erst später in der menschlichen Entwicklung auftauchen und wahrscheinlich auf Imitation aufbauen (Tomasello, Kruger und Ratner 1993). Wir mögen zögern, einige dieser komplexen menschlichen Fertigkeiten “Imitation” zu nennen. Dennoch entsprechen sie eindeutig dem Evolutionsalgorithmus. Information wird von Person zu Person kopiert. Variation tritt auf dem Wege sowohl der Degeneration aufgrund von Erinnerungslücken und Kommunikationsfehlern hinzu, als auch auf dem Wege der kreativen Rekombination verschiedener Meme. Ein Regime der Selektion wird durch Beschränkungen bezüglich Zeit, Übertragungsraten, Gedächtnis- oder anderer Speicherkapazitäten etabliert. Ich werde mich in diesem Artikel nicht weiter mit solchen eher komplexen Arten des Replizierens beschäftigen. Obwohl sie zahlreiche interessante Fragen aufwerfen, steht es außer Zweifel, daß sie einen Evolutionsprozeß aufrechterhalten und dementsprechend Meme zu replizieren in der Lage sind. Ich möchte mich lieber auf die Fertigkeiten am einfacheren Ende der Skala konzentrieren, wo es nicht so offensichtlich ist, welche Arten des Lernens als Replikationsmechanismen für Meme gelten können und welche nicht.

Die verschiedenen Theorien der Koevolution von Genen und Kultur entwerfen gegensätzliche Überlegungen zur Frage der Weitergabe der Einheiten von Kultur. Die kulturellen Merkmale werden nach Cavalli-Sforza und Feldmann (1981) durch Prägung, Konditionierung, Beobachtung, Imitation oder persönliches Unterrichten weitergereicht. Durhams koevolutionäres Modell (1991) bezieht sich sowohl auf Imitation als auch auf Lernen. Runciman (1998) bezieht sich auf Meme als Anweisungen, die den Phänotyp beeinflussen und die sowohl durch Imitation als auch durch Lernen weitergegeben werden. Laland und Odling Smee (2000) machen geltend, daß alle Formen des sozialen Lernens der Möglichkeit nach der Fortpflanzung von Memen dienen. Unter den Mem-Theoretikern schließen sowohl Brodie (1996) als auch Ball (1984) jegliches Konditionieren ein, und Gabora (1997) läßt alle mentalen Repräsentationen als Meme gelten, gleich wie sie erworben wurden.

Meiner Meinung nach sollte dies nicht einfach eine Frage der persönlichen Vorliebe sein. Vielmehr müssen wir fragen, welche Arten des Lernens Informationen von einem Individuum zum anderen so zu kopieren in der Lage sind, daß sie einen Evolutionsprozeß aufrechterhalten — und welche nicht. Denn wenn Informationen nicht auf dem Wege aufeinanderfolgender Replikationen unter den Bedingungen von Variation und Selektion kopiert werden, dann gibt es auch keinen neuen Evolutionsprozeß, und dementsprechend auch keinen Bedarf für den Begriff des Mems als Replikator. Dies ist nicht der übliche Weg, Lerntypen zu vergleichen, so daß ich einen Teil der Literatur einer näheren Betrachtung unterziehen und eine Antwort herauszufiltern versuchen muß.

Kommunikation und Ansteckung

Um den Begriff der Kommunikation gibt es manchmal Verwirrung, so daß ich nur darauf hinweisen möchte, daß die meisten Formen tierischer Kommunikation (auch die subtilsten und komplexesten unter ihnen) nicht das Kopieren von Fertigkeiten oder Verhaltensweisen zwischen Individuen unter den Bedingungen von Variation und Selektion umfassen. Zum Beispiel wird in Bienentänzen die Information über die räumliche Lage einer Nahrungsquelle genau übermittelt, und die beobachtenden Bienen fliegen los, um sie zu finden, doch der Tanz selbst wird nicht kopiert oder weitergegeben. Folglich ist dies auch kein Kopieren von Memen. In ähnlicher Weise erfolgt auch dann kein Kopieren eines Verhaltens, wenn grüne Meerkatzen (Cercopithecus aethiops) verschiedene Signale benutzen, um Artgenossen vor Beutegreifern zu warnen (Cheney und Seyfarth 1990). Das Verhalten fungiert als ein Signal, auf welches hin die anderen Affen agieren, aber sie kopieren dabei keine Signale unter den Bedingungen von Variation und Selektion.

Gähnen, Husten oder Lachen können sich in ansteckender Weise von einem Individuum zum nächsten verbreiten, so daß dies als ein memetischer Prozeß erscheinen mag, doch handelt es sich hierbei um Verhaltensmuster, die bereits bekannt sind oder zum Verhaltensrepertoire des Tieres gehören und die dadurch ausgelöst werden, daß ein anderes Tier sie ausführt (Provine 1996). In diesem Fall von ansteckendem Verhalten erfolgt kein Kopieren neuer Verhaltensmuster (doch ist zu beachten, daß es noch zahlreiche weitere Arten der Ansteckung gibt; vgl. Levy und Nail 1993, Whiten und Ham 1992). Eine Kommunikation dieser Art ist darum noch nicht einmal der Möglichkeit nach memetisch. Andere Formen des tierischen Lernens mögen dies jedoch durchaus sein.

Lernen

Das Phänomen des Lernens wird gemeinhin in individuelles und soziales Lernen unterschieden. Im Falle individuellen Lernens (einschließlich klassischer und operanter Konditionierung, Erwerb motorischer Fertigkeiten und räumlichen Lernens) erfolgt kein Kopieren einer Information von einem Tier zum anderen. Wenn eine Ratte lernt, einen Hebel zu drücken, um eine Belohnung zu erhalten, oder wenn eine Katze lernt, wo das Futter ist, oder wenn ein Kind lernt, Skateboard zu fahren, wird dieses Lernen vom und für das Individuum allein geleistet und kann nicht weitergegeben werden. Es ist wohl so, daß bei diesen Formen des Lernens ein Replikator kopiert und selektiert wird, aber nur innerhalb des individuellen Gehirns (Calvin 1998 [1996], Edelman 1993 [1989]) und nicht zwischenverschiedenen Individuen. Diese Typen des Lernens gelten darum nicht als memetische Übertragung.

Im Falle sozialen Lernens ist ein zweites Individuum im Spiel, aber in vielfältigen Rollen. Arten sozialen Lernens umfassen Ziel-Simulation, Reizverstärkung, lokale Verstärkung und echte Imitation. Ich möchte die Frage stellen, welche von diesen Typen einen neuen Evolutionsprozeß aufrechterhalten können und welche nicht.

Im Falle der Simulation bzw. Ziel-Simulation beobachtet das lernende Individuum, wie sich ein anderes Individuum eine Belohnung verschafft, und es versucht, dasselbe zu erreichen — unter Einsatz individuellen Lernens, wobei es das Ziel möglicherweise auf ganz andere Weise erreicht als das erste Individuum (Tomasello 1996). Zum Beispiel beobachten Affen, Menschenaffen oder Vögel einander dabei, wie sie Futter aus neuen Quellen gewinnen, doch sie erschließen sich dieselbe Quelle dann unter Einsatz einer ganz anderen Technik (vgl. etwa Whiten und Custance 1996). Es handelt sich hier um soziales Lernen, weil zwei Individuen an diesem Prozeß beteiligt sind — doch hat das zweite Individuum einzig und allein eine Information über eine neue Futterquelle gewonnen. Nichts wird in einer Weise von einem Tier zum anderen kopiert, die das Erzeugen von Variationen und das selektive Überleben bestimmter Varianten gegenüber anderen erlauben würde. Also gibt es keinen neuen Evolutionsprozeß und keinen neuen Replikator.

Im Falle der Reizverstärkung wird die Aufmerksamkeit des Lernenden durch das Verhalten eines anderen Individuums auf einen bestimmten Gegenstand oder eine bestimmte Eigenschaft in der Umwelt gelenkt. Dieser Prozeß wird etwa dafür verantwortlich gemacht, daß sich unter britischen Meisen die Angewohnheit verbreitete, die Foliendeckel von Milchflaschen aufzupicken, um an den darunter befindlichen Rahm zu gelangen. Dieses Verhalten wurde 1921 zum ersten Mal beobachtet und verbreitete sich von Dorf zu Dorf (Fisher und Hinde 1949). Obwohl dies wie Imitation aussieht, ist es möglich, daß die anderen Vögel, als eine Meise den Trick gelernt hatte, zuerst von den aufgerissenen Silberfolien angezogen wurden und erst dann entdeckten, daß sich Rahm unter den Folien befand (Sherry und Galef 1984). Wenn sich das so verhielt, dann haben die Vögel keine neue Fertigkeit voneinander erlernt (denn sie wußten schon vorher, wie man etwas aufpickt), sondern nur eine neuen Reiz, auf den hin sie zu picken anfingen. In ähnlicher Weise mag die Verbreitung des Termitenfischens unter Schimpansen einer Reizverstärkung geschuldet sein, die auftritt, wenn Jungtiere ihren Eltern folgen und dabei in der Nähe von Termitennestern auf die geeigneten Stöcke treffen, um anschließend im Zuge von Versuch und Irrtum zu erlernen, wie diese Stöcke richtig benutzt werden.

Im Falle der lokalen Verstärkung wird der Lernende durch das Verhalten eines anderen Individuums zu einem Ort oder einer Situation hingezogen, wie etwa Kaninchen, die voneinander lernen, die Nähe von Eisenbahngleisen trotz des Lärms der herannahenden Züge nicht zu fürchten. Die Ausbreitung des Waschens von Süßkartoffeln unter japanischen Makaken könnte Reiz- oder lokaler Verstärkung geschuldet sein, da die Affen einander zunächst ins Wasser folgten und im Anschluß entdeckten, daß gewaschenes Futter seine Vorzüge hat (Galef 1992).

Wenn dies die richtige Erklärung für die Ausbreitung dieser Verhaltensweisen ist, dann läßt sich erkennen, daß hier kein neuer Evolutionsprozeß und kein neuer Replikator im Spiel sind, da es nichts gibt, das unter den Bedingungen von Variation und Selektion von Individuum zu Individuum kopiert würde. Das bedeutet, daß keine kumulative Selektion effizienterer Varianten erfolgen kann. In ähnlicher Weise machen Boyd und Richerson (2001) geltend, daß diese Art sozialen Lernens keine kumulativen kulturellen Veränderungen zuläßt.

Die meisten der untersuchten populationsspezifischen Verhaltenstraditionen scheinen von dieser Art zu sein, einschließlich Nistgebiete, Wanderungsrouten, Gesänge und Werkzeuggebrauch bei Spezies wie Wölfen, Affen, Monarchschmetterlingen und zahlreichen Vogelarten (Bonner 1983 [1980]). Zum Beispiel verwenden Austernfischer (Vögel der Gattung Haematopus) zwei verschiedene Techniken des Öffnens von Muscheln, abhängig von der örtlichen Tradition — doch konkurrieren diese Techniken nicht in ein und derselben Population. In anderen Worten: Es gibt keine differentielle Selektion von Varianten in einer gegebenen Population. Tomasello, Kruger und Ratner (1993) machen geltend, daß viele der Traditionen unter Schimpansen von der gleichen Art sind. Obwohl es sich um erlernte populationsspezifische Traditionen handelt, sind diese Verhaltensweisen nicht kultureller Art in dem Sinne des Begriffs, den wir von Menschen kennen, denn sie werden erstens nicht von allen oder auch nur den meisten Mitgliedern einer Gruppe erlernt; zweitens werden sie nur sehr langsam und mit starker individueller Variation erlernt; drittens — und das ist der entscheidende Punkt — weisen sie über die Generationen keine Akkumulation von Modifikationen auf. Das heißt, sie zeigen keinen kulturellen Rückhalteeffekt und schließen damit die Möglichkeit menschenähnlicher kultureller Traditionen aus, die eine ‘Geschichte’ haben.

Es mag Ausnahmen geben. Whiten et al. (1999) haben eine Vielfalt von Verhaltensmustern bei Schimpansen untersucht und dabei in begrenztem Maße Belege dafür gefunden, daß eine Konkurrenz der besagten Art zwischen verschiedenen Varianten eines Verhaltens in ein und derselben Gruppe stattffindet. Zum Beispiel benutzen Individuen aus derselben Gruppe zwei verschiedene Techniken, um unter Verwendung von Stöcken Ameisen zu fangen; ebenso finden sich verschiedene Weisen des Umgangs mit Ektoparasiten beim Lausen. Die Autoren nehmen jedenfalls an, daß diese Verhaltensmuster zu ihrer Weitergabe der echten Imitation bedürfen.

Imitation

Echte Imitation ist restriktiver zu definieren, auch wenn es bisher noch kein klares Einvernehmen über diese Definition gibt (vgl. Zentall 1996, Whiten 1999). Thorndike (1898) definierte Imitation ursprünglich als “Lernen, einen Akt auszuführen, indem man sieht, wie er ausgeführt wird.” Das heißt, daß ein Tier eine neuartige Verhaltensweise von einem anderen Tier erwerben muß — was die oben erwähnten Fälle ansteckenden Verhaltens ausschließt. Die weithin gebräuchliche Definition von Whiten und Ham (1992) beschreibt Imitation als das Lernen eines Teils der Form eines Verhaltens von einem anderen Individuum. In ähnlicher Weise unterscheidet Heyes (1993) zwischen echter Imitation — durch die Beobachtung anderer Individuen etwas über die Form eines Verhaltens zu lernen — und sozialem Lernen — durch die Beobachtung anderer Individuen etwas über die Umwelt zu lernen (womit Stimulus- und lokale Verstärkung aus dem Reich der echten Imitation verbannt werden).

Echte Imitation ist viel seltener als individuelles Lernen und andere Formen des sozialen Lernens. Menschen sind extrem gut im Imitieren; sie beginnen damit bereits kurz nach der Geburt und zeigen Vergnügen daran. Meltzoff, der über 20 Jahre lang das Imitationsverhalten bei Kleinkindern untersucht hat, nennt die Menschen die perfekten Generalisten der Imitation (1996) (auch wenn einige der frühesten von ihm untersuchten Verhaltensweisen, wie etwa das Herausstrecken der Zunge, wohl eher unter die Kategorie des ansteckenden Verhaltens fallen). Wie selten Imitation wirklich vorkommt, wurde bisher allerdings nicht beantwortet. Es gibt keinen Zweifel daran, daß manche Singvögel ihre Gesänge per Imitation lernen, und daß Delphine zum Imitieren sowohl von Klängen als auch von Handlungen in der Lage sind (Bauer und Johnson 1994, Reiss und McCowan 1993). Ebenso gibt es Belege für Imitationsverhalten bei Graupapageien und Seehunden. Dennoch gibt es viel Streit über die Fähigkeiten nicht-menschlicher Primaten und anderer Säugetiere, wie etwa Ratten und Elefanten (vgl. Byrne und Russon 1998, Heyes und Galef 1996, Tomasello, Kruger und Ratner 1993, Whiten 1999).

Das Phänomen der Imitation wurde bereits in großem Umfang experimentell erforscht, und auch wenn sich diese Experimente nicht direkt mit der Frage nach der Beteiligung eines neuen Replikators auseinandersetzten, können sie uns doch bei deren Beantwortung hilfreich sein. Zum Beispiel wurde in manchen Studien untersucht, ein wie großer Anteil der Form eines Verhaltens von verschiedenen Tieren und Kindern kopiert wird. In der Zwei-Handlungen-Methode (two-action method) verwendet ein Instruktor zwei mögliche Techniken zur Erreichung eines Ziels (etwa das Öffnen eines speziell entworfenen Behälters), woraufhin das lernende Individuum dabei beobachtet wird, welche Technik es selbst zur Anwendung bringt (Whiten et al. 1996, Zentall 1996). Wenn eine andere Technik zum Einsatz kommt, verfährt das Tier möglicherweise über Ziel-Simulation, aber wenn es dieselbe Technik benutzen sollte, ist echte Imitation involviert. Unter Berufung auf diese Methode wurde das Vorhandensein echter Imitation bei Wellensittichen, Tauben und Ratten behauptet, ebenso wie bei an menschliche Kultur gewöhnten Schimpansen und bei Kindern (Heyes und Galef 1996). Kapuzineraffen zeigen neueren Untersuchungen zufolge eine begrenzte Fähigkeit zum Kopieren einer vorher gezeigten Technik (Custance, Whiten und Fredman 1999).

Andere Untersuchungen befassen sich mit der Frage, ob lernende Individuen eine Handlungsabfolge und ihre hierarchische Struktur kopieren können (Whiten 1999). Byrne und Russon (1998) unterscheiden zwischen der Imitation von Handlungsebenen (action level imitation) (in welcher eine Handlungsabfolge en detail kopiert wird) und der Imitation von Programmebenen (program level imitation) (in welcher die hierarchische Struktur eines Verhaltensprogramms und seiner Subroutinen kopiert wird). Sie machen geltend, daß andere Menschenaffen über die Fähigkeit zur Imitation der Programmebenen verfügen, auch wenn die Menschen im Vergleich eine wesentlich ausdifferenziertere hierarchische Struktur erfassen können. Solche Untersuchungen sind wichtig für das Verständnis der Imitation, aber sie beschäftigen sich nicht direkt mit den hier zur Debatte stehenden Fragen — nämlich ob Imitation einen Evolutionsprozeß mit sich bringt und ob ein neuer Replikator involviert ist.

Um diese Fragen zu beantworten, bedürfen wir neuer Forschungsmethoden, die einen neuen Evolutionsprozeß festzustellen in der Lage sind, wenn Imitation und andere Formen des sozialen Lernens stattfinden. Solche Untersuchungen können zweierlei Form annehmen. Zuerst stellt sich die Frage der Kopiergenauigkeit. Wie wir bereits gesehen haben, ist ein Replikator als eine Entität zu definieren, die ihre Struktur in aufeinanderfolgenden Replikationen weitgehend unversehrt weitergibt. Also müssen wir fragen, ob das betreffende Verhalten oder die betreffende Information über mehrere Replikationsschritte weitgehend unversehrt weitergegeben werden. Finden sich zum Beispiel in freier Wildbahn Belege für Werkzeuggebrauch, Reinigungstechniken oder andere sozial erworbene Verhaltensmuster, die in einer Reihe von Individuum zu Individuum weitergegeben werden — und nicht nur von einem Individuum produziert und von anderen zwar nachgeahmt, aber nie ums neue weitergegeben werden? In experimentellen Situationen könnte etwa ein Tier ein anderes beobachten, um dann als Modell für ein drittes zu fungieren (so wie im Spiel “Stille Post”). Wir müssen nicht erwarten, daß die Kopiergenauigkeit sehr hoch ist, doch wenn die betreffende Fertigkeit nicht wenigstens in wiedererkennbarer Weise über mehr als einen Replikationsschritt weitergegeben wird, haben wir keinen neuen Replikator — und darum auch keinen Bedarf für den Begriff des Mems.

Zweitens ist herauszufinden, ob Variation und Selektion stattfinden. Die Beispiele von Whiten et al. (1999) legen nahe, daß dies möglicherweise der Fall ist. Wir können uns nach weiteren Beispielen umsehen, in denen Fertigkeiten an verschiedene Individuen weitergegeben werden und diese anschließend in der genauen Ausführungsweise dieser Fertigkeit voneinander abweichen, und in denen einige dieser Varianten später häufiger oder zuverlässiger weitergegeben werden als andere. Dies ist die Grundlage für eine kumulative Kultur. Es könnten Experimente entworfen werden, die denselben Prozess unter künstlich erzeugten Bedingungen festzustellen erlauben. Solche Untersuchungen würden es uns ermöglichen, zu sagen, genau welche Prozesse in welchen Spezies in der Lage sind, einen Evolutionsprozeß mit einem neuen Replikator aufrechtzuerhalten. Nur wenn dies der Fall ist, können wir den Begriff des Mems sinnvoll anwenden.

Wenn solche Untersuchungen in der Praxis zeigen sollten, daß das, was wir Imitation genannt haben, im Großen und Ganzen einen kumulativen Evolutionsprozeß aufrechtzuhalten in der Lage ist, während andere Formen sozialen Lernens dies nicht vermögen, dann können wir die Definitionen von Memen und Imitation mit Leichtigkeit miteinander verbinden — und zwar in der Form, daß als Mem all das gilt, was auf dem Wege der Imitation weitergegeben wird, und es andererseits überall dort, wo Imitation stattfindet, Meme gibt.

In Ermangelung solcher Untersuchungen mag dieser Schritt einer Rechtfertigung entbehren, und manche Menschen mögen das Gefühl haben, daß er unserem gegenwärtigen Verständnis von Imitation Unrecht tut. Dessenungeachtet möchte ich, wenigstens um der Ziele dieses Artikels willen, genau diesen Schritt vorschlagen. Der Vorteil ist, daß besagte Verbindung es mir erlaubt, das Wort “Imitation” zur Beschreibung eines Prozesses der Übermittlung von Memen zu verwenden. Wenn Sie wünschen, lesen Sie Imitation als “eine Art sozialen Lernens, das in der Lage ist, einen Evolutionsprozeß mit einem neuen Replikator aufrechtzuerhalten.”

Dies erlaubt mir folgende Schlußfolgerung zu ziehen: Imitation beschränkt sich auf sehr wenige Spezies, und die Menschen scheinen die einzige unter ihnen zu sein, die in der Lage ist, ein breites Spektrum von Lauten und Verhaltensmustern zu imitieren. Diese Fähigkeit zur weitverbreiteten generalisierten Imitation muß im Laufe unserer Evolutionsgeschichte aufgetreten sein. Als sie dies tat, wurde ein neuer Replikator erschaffen, und der Prozeß der memetischen Evolution begann. Ich nehme an, daß dies ein entscheidender Wendepunkt in der Evolution des Menschen war. Ich möchte nun die Konsequenzen dieses Übergangs sowie einige der koevolutionären Prozesse untersuchen, die eingetreten sein könnten, sobald die menschliche Evolution von zwei Replikatoren statt von einem angetrieben wurde. Eine Konsequenz bestand meiner Meinung nach im rapiden Anstieg des Gehirnvolumens.

Das große Gehirn des Menschen

Menschen verfügen über Fertigkeiten, die anscheinend nicht zu unserer Vergangenheit als Jäger und Sammler passen — wie etwa Musik und Kunst zu erschaffen, Wissenschaft und Mathematik zu betreiben, Schach zu spielen und uns über unsere evolutionären Ursprünge zu streiten. Wie Cronin es ausdrückte, ist unser Gehirn “überschüssig gegenüber unseren Anforderungen, überschüssig gegenüber unseren adaptiven Bedürfnissen.” (Cronin 1991, S. 355) Dieses Problem hat Wallace zu der gegen Darwin gerichteten Behauptung geführt, daß allein die Menschen über eine gottgegebene intellektuelle und spirituelle Natur verfügen (vgl. Cronin 1991). Williams (1966) hat ebenso mit dem Problem der “zerebralen Hypertrophie des Menschen” gekämpft. Es widerstrebte ihm zu akzeptieren, daß fortgeschrittene geistige Fähigkeiten jemals direkt von der Selektion bevorzugt wurden oder daß Genies mehr Nachkommen hinterlassen.

Menschen weisen gegenüber anderen Primaten einen Enzephalisationsquotienten von 3 auf. Das heißt, unsere Gehirne sind im Verhältnis zum Körpergewicht ungefähr dreimal so groß wie ihre (Jerison 1973). Der Zuwachs begann wahrscheinlich vor etwa 2,5 Millionen Jahren bei den Australopithecinen und wurde vor etwa 100.000 Jahren abgeschlossen, als alle Hominiden über ein Gehirn von ungefähr derselben Größe wie des unsrigen verfügten (Leakey 1999 [1994], Wills 1996 [1993]). Doch ist das Gehirn heute nicht nur viel größer als früher — es wurde offenbar auch durchgreifend reorganisiert, und zwar innerhalb einer nach evolutionären Maßstäben relativ kurzen Zeit (Deacon 1997). Die Korrelate von Gehirngröße und -Struktur wurden bei vielen Arten untersucht und erwiesen sich sich zwar als komplex und schwer zu durchschauen (Harvey und Krebs 1990), aber dennoch sticht das menschliche Gehirn hervor. Das ernstzunehmende Problem besteht darin, daß der Energieaufwand für das Erzeugen eines solch großen Gehirns in der Embryonalentwicklung und für seinen Betrieb im ausgewachsenen Individuum sehr hoch ist, ganz abgesehen von den Gefahren, die es bei der Geburt mit sich bringt. Pinker fragt: “Warum hätte es der Evolution bei der Auslese je um die schiere Größe des Gehirns gehen sollen — dieses knollenartigen Organs mit dem unersättlichen Stoffwechsel? […] Jede Auslese hinsichtlich der Gehirngröße an sich hätte zweifellos den Stecknadelkopf bevorzugt.” (Pinker 1996 [1994], S. 423)

Frühe Theorien zur Erklärung des großen Gehirns konzentrierten sich auf die für das Jagen und Sammeln erforderlichen Fertigkeiten, doch die Voraussagen ließen sich nicht durchgehend aufrechterhalten, und neuere Theorien haben die Komplexität und die Anforderungen der sozialen Umwelt hervorgehoben (Barton und Dunbar 1997). Schimpansen leben in komplexen sozialen Gruppen, so wie unsere gemeinsamen Vorfahren wahrscheinlich auch. Bündnisse herzustellen und aufzulösen, sich zum Zwecke des wechselseitigen Altruismus zu erinnern, wer wer ist, und andere zu überlisten — all dies verlangt komplexe und schnelle Entscheidungsfindung und ein gutes Gedächtnis. Die “Machiavellistische Hypothese” legt Nachdruck auf die Wichtigkeit des Täuschens und des Ränkeschmiedens für das soziale Leben und macht geltend, daß ein Großteil der menschlichen Intelligenz sozialen Ursprungs ist (Byrne und Whiten 1988, Whiten und Byrne 1997). Andere Theorien legen Nachdruck auf die Rolle der Sprache (Deacon 1997, Dunbar 1998 [1996]).

Es existieren zumindest drei maßgebliche Unterschiede zwischen der vorliegenden und früheren Theorien. Erstens impliziert diese Theorie einen klar umrissenen Wendepunkt — nämlich das Aufkommen der echten Imitation, die einen neuen Replikator erzeugte. Dies unterscheidet sie einerseits von Theorien des kontinuierlichen Wandels, wie etwa jenen, die sich auf die Verbesserung der Fertigkeiten des Jagens und Sammelns stützen oder auf das Gewicht sozialer Fähigkeiten bzw. machiavellistischer Intelligenz. Andererseits grenzt sie sich auch von denjenigen Theorien ab, die einen anderen Wendepunkt postulieren, wie etwa Donalds dreistufiges koevolutionäres Modell (1991) oder Deacons Annahme, daß der Wendepunkt im Überschreiten der “symbolischen Schwelle” durch unsere Vorfahren bestand (1997).

Zweitens betonen sowohl Donald als auch Deacon die Wichtigkeit der des Symbolismus bzw. der mentalen Repräsentation für die menschliche Evolution. Auch andere Theorien folgen der Annahme, daß das Besondere an der menschlichen Kultur ihre symbolische Beschaffenheit sei. Diese Betonung des Symbolismus und der Repräsentation ist für die hier vorgeschlagene Theorie unnötig. Es ist für die Rolle der Replikatoren ohne Belang, ob die durch Imitation erworbenen Verhaltensweisen (d.h. Meme) tatsächlich irgend etwas symbolisieren oder repräsentieren. Es zählt allein die Frage, ob sie repliziert werden oder nicht.

Drittens findet sich in der vorliegenden Theorie kein Raum für die Kultur-an-der-Leine-Metapher der Soziobiologie oder für die in fast allen Varianten der Gen-Kultur-Koevolutionstheorien gängige Annahme, daß der oberste Schiedsrichter die Gesamtfitness sei, also der Nutzen der Gene. In meiner Theorie kommen zwei Replikatoren vor, deren Beziehung zueinander kooperativ, konkurrierend oder alles dazwischen sein kann. Der wichtigste Punkt ist, daß Meme mit anderen Memen konkurrieren und eine memetische Evolution auf den Weg bringen, deren Resultate anschließend die genetische Evolution beeinflussen. Nach dieser Theorie können wir die Faktoren, welche die genetische Selektion beeinflussen, nur verstehen, wenn wir auch ihre Wechselwirkungen mit der memetischen Selektion verstehen.

Im Umriß sieht die Theorie wie folgt aus: Der Wendepunkt in der Evolution der Hominiden war erreicht, als unsere Vorfahren anfingen, einander zu imitieren und damit einen neuen Replikator in die Welt setzten, das Mem. Die Meme veränderten anschließend die Umwelt, in welcher die Gene selektiert wurden, wobei die Richtung der Veränderung von den Resultaten der memetischen Selektion vorgegeben wurde. Zu den zahlreichen Folgen dieser Veränderung gehörte die Restrukturierung des menschlichen Gehirns und Stimmapparats zum Zwecke der verbesserten Replikation der erfolgreichen Meme.

Die Ursprünge der Imitation

Wir wissen nicht, wann und wie Imitation ursprünglich entstand. In bestimmter Weise ist leicht zu erkennen, warum die natürliche Selektion soziales Lernen favorisieren sollte: Es ist ein Weg, die Früchte des Lernens eines Anderen zu stehlen — und sich damit die Kosten und Risiken des individuellen Lernens zu ersparen —, wenn auch auf das Risiko des Erwerbs veralteter und unangemessener Fertigkeiten hin. Mathematische Modelle haben gezeigt, daß sich dies auszahlt, wenn die Umweltbedingungen variabel sind, sich aber nicht zu schnell verändern (Richerson und Boyd 1992). Analysen ähnlicher Art wurden in der Ökonomie benutzt, um den Wert kostenintensiver individueller Entscheidungsfindung gegenüber billiger Imitation abzuwägen (Conlisk 1980).

Wie wir bereits gesehen haben, sind andere Formen sozialen Lernens weit verbreitet, während echte Imitation nur bei einigen wenigen Spezies auftritt. Moore (1996) vergleicht die Imitation bei Papageien, Menschenaffen und Delphinen und kommt zu dem Schluß, daß ihre Imitationstechniken nicht homologer Art sind, so daß sie sich mindestens dreimal unabhängig voneinander entwickelt haben müssen. Bei Vögeln entwickelte sich Imitation, anders als bei Menschen, wahrscheinlich aus dem Nachahmen von Gesängen. Wir können nur darüber spekulieren, was die Vorläufer menschlicher Imitation gewesen sein mögen, doch gute Kandidaten wären allgemeine Intelligenz und Problemlösungsfähigkeit, die Anfänge einer Theorie des Geistes oder des Einnehmens von Perspektiven, reziproker Altruismus (der oft Strategien wie “Wie du mir, so ich dir” involviert, die das Kopieren der Handlungen der anderen Person einschließen) und die Fähigkeit zum Abbilden beobachteter Handlungen auf die eigenen.

Letzteres scheint eine sehr schwierig zu erbringende Leistung zu sein, denn es umfaßt die Transformation des visuellen Inputs einer beobachteten Handlung aus einer bestimmten Perspektive in die motorischen Anweisungen für die Durchführung einer ähnlichen Handlung durch einen selbst. Doch scheinen die Spiegelneuronen im prämotorischen Kortex bei Affen zu einem System zu gehören, das genau dies leistet. Es sind dieselben Neuronen, die feuern, wenn ein Affe selbst eine zielgerichtete Handlung ausführt und wenn er einen anderen Affen diese Handlung ausführen sieht — auch wenn Gallese und Goldman (1998) der Überzeugung sind, daß dieses System sich entwickelte, um die Ziele und die zukünftigen Handlungen anderer Individuen vorherzusagen, nicht um sie zu imitieren. Angesichts der Tatsache, daß Spiegelneuronen bei Affen vorkommen, ist es wahrscheinlich, daß auch unsere Vorfahren über sie verfügten, was den Übergang zur echten Imitation wahrscheinlicher machte.

Wir wissen auch nicht, wann dieser Übergang erfolgte. Die ersten offensichtlichen Anzeichen für Imitation sind die 2,5 Millionen Jahre alten Steinwerkzeuge des Homo habilis — auch wenn sich deren Form für eine weitere Million Jahre nur wenig veränderte. Es ist wahrscheinlich, daß schon davor weniger haltbare Werkzeuge hergestellt wurden, wie etwa Tragekörbe, Schleudern, Holzwerkzeuge und dergleichen. Möglicherweise noch früher könnten unsere Vorfahren Arten und Weisen des Transportierens von Nahrung, des Beutefangs oder andere Verhaltensweisen imitiert haben. Als diese kopierten Verhaltensweisen ihre Verbreitung gefunden hatten, war die Bühne für die Meme bereitet, die nunmehr die Gene anzutreiben begannen. Ich möchte ein einfaches Beispiel anführen, um zu erklären, wie dieser Prozeß funktioniert haben könnte.

Memetischer Antrieb

Stellen wir uns vor, eine neue Fertigkeit fängt an, sich per Imitation zu verbreiten, etwa eine neue Art, einen Korb zu machen oder Nahrungsmittel zu transportieren. Die Innovation nimmt bei einem früheren Typ von Körben ihren Ausgang. Da der neue Korb einige Früchte mehr aufnimmt, ist er gegenüber dem älteren Typ vorzuziehen. Andere Menschen fangen an, ihn zu kopieren, womit sich sowohl das Verhalten als auch das Artefakt verbreiten. Es ist zu beachten, daß ich absichtlich ein einfaches Beispiel gewählt (oder einen kleinen Memplex) habe, um das Prinzip zu illustrieren. Dieser Memplex besteht aus den Körben und den Fertigkeiten, die ihre Herstellung erfordert. In der Praxis würden sich zahlreiche komplexe Interaktionen mit anderen Memen ergeben, doch ich möchte mit etwas Einfachem beginnen.

Fortan hat jeder einen Nachteil bezüglich des eigenen Überlebens, der keinen Zugang zu dem neuen Typ von Körben hat. Um sich einen solchen Zugang zu verschaffen, ist es hilfreich, die Menschen nachzuahmen, die diese Körbe anfertigen können, weswegen gute Imitatoren einen (genetischen) Vorteil genießen. Das heißt, die Fähigkeit zu imitieren wird sich verbreiten. Unter der Annahme, daß Imitation eine anspruchsvolle Fertigkeit ist (was in der Tat der Fall zu sein scheint) und darum ein etwas größeres Gehirn erfordert, kann allein schon dieser Prozeß einen Zuwachs an Gehirnvolumen nach sich ziehen. Dieser erste Schritt läuft in der Tat auf nicht mehr hinaus als zu sagen, daß Imitation positiv selektiert wurde, weil sie einen Überlebensvorteil bietet; und sobald die Produkte der Imitation sich verbreiten, wird die Imitation selbst immer unerläßlicher für das Überleben. Dieses Argument ist eine Variante des Baldwin-Effekts (nach Baldwin 1896), der für jede Art des Lernens gilt: Sobald einige Individuen in der Lage sind, etwas zu lernen, befinden sich all diejenigen im Nachteil, die dies nicht können, so daß sich die Gene für die Lernfähigkeit verbreiten. Dies ist also kein spezifisch memetisches Argument.

Dennoch verändert die Gegenwart der Meme den Druck auf die Gene auf neuartige Weise. Dies ist der Fall, weil Meme selbst Replikatoren sind, die einer Selektion unterzogen werden, und sobald genug Meme vorhanden sind, um eine memetische Konkurrenz in Gang zu setzen, beginnt die Koevolution von Memen und Genen. Stellen wir uns vor, daß es ein Dutzend verschiedener Korb-Typen gibt, die in Konkurrenz zueinander treten. Es wird nun für jedes Individuum wichtig, den richtigen Korb zum Kopieren auszuwählen — doch welcher ist das? Da sowohl Gene als auch Meme beteiligt sind, müssen wir diese Frage aus beiden Perspektiven betrachten.

Aus der Perspektive des Gens fällt die richtige Entscheidung auf den Korb, der die Gesamtfitness steigert — und das ist diejenige Entscheidung, welche die Überlebenschancen aller Gene der Person verbessert, welche die Auswahl trifft. Diese würde wahrscheinlich zugunsten des größten, stabilsten oder am leichtesten herzustellenden Korbes ausfallen. Menschen, die diesen Korb kopieren, werden mehr Nahrung sammeln und damit letzten Endes mit größerer Wahrscheinlichkeit diejenigen Gene weiterreichen, die ihnen dabei behilflich waren, just diesen Korb zu imitieren. Auf diese Weise bleiben die Gene zumindest in gewissem Maße den Veränderungen der Meme auf der Spur.

Aus der Perspektive des Mems fällt die richtige Entscheidung zugunsten der Meme für Körbe selbst. Diese Meme verbreiten sich, wann immer sie die Gelegenheit dazu bekommen, und diese Gelegenheiten werden unter anderem durch die Imitationsfertigkeit, die Wahrnehmungsapparate und das Erinnerungsvermögen der Menschen beeinflußt, welche die Kopien machen. Stellen wir uns vor, daß die genetischen Veränderungen den memetischen soweit auf der Spur geblieben sind, um Menschen hervorzubringen, die dazu neigen, die größten Körbe zu imitieren, da die größeren Artefakte für eine hinreichend lange Zeit mit dem größeren biologischen Erfolg assoziiert waren. Dies gestattet nun eine memetische Evolution aller möglichen neuen Arten von Körben, die diese Neigung ausbeuten — vor allem von Körben, die groß aussehen. Sie müssen nicht notwendigerweise wirklich groß oder gut verarbeitet oder auch nur gut für ihren Zweck geeignet sein — denn so lange sie die genetisch erworbene Neigung, große Körbe zu kopieren, wachrufen, werden sie erfolgreich sein, ungeachtet der Auswirkungen auf die Gesamtfitness. Dasselbe Argument würde für die Neigung gelten, modisch extravagante Körbe, solide Körbe oder was dergleichen auch immer zu kopieren. Folglich breiten sich diejenigen Körbe, welche die gegenwärtigen Neigungen zum Kopieren ausbeuten, auf Kosten derjenigen Körbe aus, die das nicht tun.

Diese memetische Evolution verändert nun die Situation für die Gene, die gleichsam betrogen wurden und nicht länger in der Lage sind, den memetischen Veränderungen auf der Spur zu bleiben. Fortan werden die Überlebenden diejenigen Menschen sein, die genau dasjenige an den gegenwärtig vorhandenen Körben kopieren, was wirklich einen biologischen Erfolg verspricht. Dies mag eine andere Eigenschaft der Körbe sein, wie etwa das verwendete Material, ihre Stabilität, ihre Griffe oder dergleichen — und so geht der Prozeß weiter. Dies ist nicht ganz derselbe Prozeß wie in der klassischen Gen-Kultur-Evolution oder beim Baldwin-Effekt. Die Körbe sind nicht einfach nur Aspekte einer Kultur, die zufällig erschienen sind und vor- oder nachteilige adaptive Folgen für die Gene ihrer Träger haben. Sie sind evolvierende Systeme in eigenem Recht, mit Replikatoren, deren egoistische Interessen für das Resultat eine Rolle spielen.

Ich habe bewußt ein ziemlich triviales Beispiel gewählt, um den Prozeß möglichst deutlich zu machen. Wie wir sehen werden, sind die Auswirkungen viel strittiger, wenn sie das Kopieren von Sprache oder von ernsthaft schädlichen Handlungsweisen betreffen.

Wer zu imitieren ist

Eine andere mögliche Strategie besteht für die Gene darin, Beschränkungen weniger dahingehend zu treffen, was kopiert wird als wer kopiert wird. Zum Beispiel wäre es eine gute Strategie, die biologisch Erfolgreichen zu kopieren. Menschen, die unter ansonsten identischen Voraussetzungen dazu neigten, diejenigen Menschen in ihrer Umgebung zu kopieren, die am meisten zu Essen, die besten Wohnstätten oder die meisten Kinder haben, kopierten die Meme, die zu diesen Erfolgen beigetragen haben und hätten darum wahrscheinlich auch selbst mehr Erfolg. Gäbe es nun eine genetische Variation dergestalt, daß manche Menschen häufiger als andere ihre biologisch erfolgreichen Nachbarn kopieren, dann würden sich ihre Gene verbreiten, und damit würde auch die Strategie “Kopiere den Erfolgreichsten” auf genetischem Wege Verbreitung in der Bevölkerung finden. In dieser Situation ist, wie ich oben nahegelegt habe, Erfolg zum großen Teil eine Frage der Fähigkeit, die gegenwärtig jeweils wichtigen Meme zu erwerben. Folglich läuft diese Strategie auf das Kopieren der besten Imitatoren hinaus. Ich möchte diese Menschen “Memquellen” (meme fountains) nennen — ein Begriff, der von Dennett (1998) vorgeschlagen wurde. Damit sollen diejenigen Menschen bezeichnet werden, die besonders gut im Imitieren sind und die darum eine reichhaltige Quelle für Meme bieten — sowohl für alte Meme, die sie kopieren als auch für neue Meme, die sie erfinden, indem sie auf alten Memen aufbauen oder sie neu kombinieren.

Nun können wir wieder die Perspektive des Mems einnehmen: Alle Meme, die in das Repertoire einer Memquelle Eingang finden, werden gedeihen — ungeachtet ihrer biologischen Auswirkungen. Die Memquelle erwirbt all die nützlichen Werkzeuge, Jagdtechniken, Fertigkeiten im Feuermachen und dergleichen, die ihren Genen einen Vorteil verschaffen. Doch bedeutet ihre herausragende Imitationsfähigkeit auch, daß die Memquelle alle möglichen anderen Arten von Memen ebenfalls kopiert. Unter ihnen finden sich Dinge wie Regentänze, Kostüme, Körperschmuck, Begräbnisriten und eine Unzahl von anderen Gebräuchen, die nichts zur genetischen Fitness beitragen. Da viele Nachbarn der Memquelle die genetisch eingebaute Neigung haben, diese zu kopieren, werden sich jene Meme ebenso gut verbreiten wie die beim Überleben wirklich hilfreichen.

Ganze memetische Abstammungslinien von Körperschmuck und Tänzen können aus solch einem Anfangspunkt evolvieren. Zum Beispiel kopieren Menschen verschiedene miteinander konkurrierende Tänze — aber einige von ihnen werden häufiger kopiert als andere. Deren memetischer Erfolg mag davon abhängen, wer kopiert wird, aber auch von Eigenschaften der Tänze selbst, wie etwa Einprägsamkeit, Sichtbarkeit, Interessantheit und dergleichen — Eigenschaften, die wiederum vom visuellen Apparat und dem Erinnerungsvermögen der Menschen abhängig sind, welche die Imitationen leisten. Wenn sich neue Tänze unter einer Vielzahl von Menschen verbreiten, öffnen diese Menschen Nischen für die Evolution weiterer Variationen des Tanzens. Jedes dieser Meme, dem es gelingt, seinen Wirt dazu zu bringen, viel Zeit mit Tanzen zu verbringen, wird erfolgreich sein, so daß die Menschen, wenn dieser Prozeß keiner Kontrolle unterworfen wird, mehr und mehr Zeit mit Tanzen verbringen werden.

Um auf die Perspektive des Gens zurückzukommen, besteht das Problem darin, daß Tanzen viel Zeit und Energie verbraucht. Das Tanzen kann nun zwar nicht mehr evolutionär zurückgebildet werden, doch wird seine weitere Evolution begrenzt werden müssen. Jemand, der besser zwischen nützlichen und energieverschwendenen Memen unterscheiden kann, wird mehr Nachkommen hinterlassen als jemand, der dies nicht kann. Somit entsteht ein Druck dahingehend, immer feiner zu unterscheiden, was und wer zu imitieren ist. Diese notwendigerweise zu treffenden Unterscheidungen — und das ist entscheidend — hängen von der bisherigen Geschichte sowohl der memetischen als auch der genetischen Evolution ab. Hätte sich das Tanzen nie entwickelt, gäbe es auch keinen Bedarf für Gene, die ein Übermaß an Tanz-Imitation selektiv herausfiltern. Doch das Tanzen hat sich nun einmal entwickelt. Dies ist die Crux der Prozesse, die ich “memetischen Antrieb” genannt habe. Die bisherige Geschichte der memetischen Evolution beeinflußt die Route, welche die Gene einschlagen müssen, um ihr eigenes Überleben sicherzustellen.

Wir haben damit nun einen koevolutionären Prozeß zwischen zwei verschiedenen Replikatoren, die eng aneinander gekoppelt sind. Um ihren eigenen Erfolg zu maximieren, müssen die Gene Gehirne bauen, die zum selektiven Kopieren der nützlichsten und zum Aussondern der unnützen, kostenintensiven und schädlichen Meme in der Lage sind. Um ihren eigenen Erfolg zu maximieren, müssen die Meme die Kopiermaschinerie des Gehirns auf jede nur erdenkliche Weise ausbeuten, ungeachtet der Auswirkungen auf die Gene. Das Ergebnis ist erstens eine Masse von evolvierenden Memen, von denen einige gedeihen, weil sie für die Gene nützlich waren, und von denen andere gedeihen, obwohl sie gar nicht nützlich für die Gene sind — und zweitens ein Gehirn, das für die Aufgabe entworfen wurde, zu selektieren, welche Meme kopiert werden und welche nicht. Dies ist das große menschliche Gehirn. Seine Funktion ist selektive Imitation, und seine Gestaltung ist das Ergebnis einer langen Geschichte der Koevolution von Memen und Genen.

Mit wem sich zu paaren ist

Dieses Argument kennt noch eine weitere Wendung: sexuelle Selektion für die Fähigkeit zu imitieren. Für Frauen wird es im allgemeinen von Nutzen sein, sich mit erfolgreichen Männern zu paaren, und erfolgreich sind — in jener imaginierten menschlichen Vergangenheit — diejenigen Männer, die am besten darin sind, die gegenwärtig jeweils wichtigen Meme zu kopieren. Sexuelle Selektion kann darum die Auswirkungen des memetischen Antriebs verstärken. Ein selbstverstärkender Prozeß der sexuellen Selektion könnte damit ins Rollen geraten.

Nehmen wir zum Beispiel an, daß zu einem bestimmten Zeitpunkt die erfolgreichsten Männer Memquellen waren. Ihr biologischer Erfolg hing von ihrer Fähigkeit ab, die besten Werkzeuge oder Fertigkeiten im Feuermachen zu kopieren, doch ihre generelle Fähigkeit zur Imitation bedeutete auch, daß sie die auffälligsten Kleider trugen, die detailreichsten Bilder malten oder die populärsten Melodien summten. In dieser Situation wäre es von Vorteil, sich mit einem guten Maler zu paaren. Der Bevölkerungsanteil von Frauen, die gute Maler als Partner wählten, würde steigen, und dies würde wiederum den guten Malern einen weiteren Vorteil verschaffen, der von dem ursprünglichen biologischen Vorteil durchaus verschieden ist. Er bestünde darin, daß die Nachkommenschaft guter Maler, wenn die Wahl der Frauen vorzugsweise auf gute Maler fällt, mit größerer Wahrscheinlichkeit von Frauen bevorzugt würde und somit selbst wiederum eine größere Zahl von Nachkommen hätte. Dies ist die Crux selbstverstärkender sexueller Selektion, und wir können erkennen, wie diese auf vorhergehender memetischer Evolution aufbauen mag.

Miller (1998, 1999) hat geltend gemacht, daß künstlerische Fähigkeiten und Kreativität als Werbungsverhalten um Frauen sexuell selektiert wurden. Dafür hat er er zahlreiche Beispiele angeführt, etwa Belege dafür, daß Musiker und Künstler vorzugsweise männlich sind und ihre produktivsten Phasen während des frühen Erwachsenenalters erleben. Dennoch gibt es Unterschiede zwischen seiner Theorie und der hier vorgeschlagenen. So erklärt er nicht, wie oder warum dieser Prozeß begonnen haben mag, während der vorliegenden Theorie zufolge die Voraussetzungen dafür durch das Aufkommen der Imitation und damit der memetischen Evolution geschaffen wurden. Millers Theorie zufolge fungieren die Lieder, Tänze und Bücher als ein Schauverhalten im Prozeß sexueller Selektion, doch sei die Konkurrenz zwischen ihnen kein wichtiger Teil des Prozesses selbst. Der hier vorgeschlagenen Theorie zufolge konkurrieren Meme untereinander darum, sowohl von Frauen als auch von Männern kopiert zu werden, und das Ergebnis dieses Wettbewerbs gibt die Richtung sowohl der Evolution der Meme als auch der sie kopierenden Gehirne vor.

Ob dieser Prozeß tatsächlich aufgetreten ist oder nicht, ist eine empirische Frage. Doch es ist zu beachten, daß ich manchmal dahingehend mißverstanden worden bin, daß ich mein ganzes Argument auf die sexuelle Selektion guter Imitatoren aufbaue (Aunger 2000). Doch der grundlegendere Prozeß des memetischen Antriebs kann mit oder ohne die zusätzlichen Auswirkungen der sexuellen Selektion funktionieren.

Die Koevolution der Replikatoren und ihres Replikationsapparats

Der memetische Antrieb hinter der Ausformung des Gehirns läßt sich als Beispiel für einen umfassenderen Evolutionsprozeß betrachten. Dieser besteht in der Koevolution eines Replikators zusammen mit der Maschinerie für sein Replikation. Dies ist ein einfacher Mechanismus. Stellen wir uns zum Beispiel eine chemische Ursuppe vor, in der sich verschiedene Replikatoren finden, manche von ihnen zusammen mit Koenzymen oder anderen Replikationswerkzeugen, manche jedoch auch ohne sie. Diejenigen Replikatoren, welche die zahlreichsten und langlebigsten Kopien ihrer selbst erzeugen, werden den Rest verdrängen, und wenn dies von der Kopplung an eine bessere Kopiermaschinerie abhängig ist, dann werden sowohl der Replikator als auch die Maschinerie gedeihen.

Etwas in dieser Art hat möglicherweise auf der Erde schon stattgefunden, lange bevor RNA und DNA ihre Konkurrenten fast völlig auslöschten (Maynard-Smith und Száthmary 1996 [1995]). Die zelluläre Kopiermaschinerie der DNA arbeitet heute so akkurat und zuverlässig, daß wir darüber leicht vergessen, daß sie sich aus etwas anderem, einfacherem entwickelt haben muß. Meme verfügen über keine derart lange Geschichte. Der neue Replikator treibt, wie Dawkins es sagt, “noch unbeholfen in seiner Ursuppe herum. […] Das […] ist die ‘Suppe’ der menschlichen Kultur.” (1996a [1976], S. 308) Dessenungeachtet sehen wir denselben allgemeinen Prozeß am Werk, den wir auch für den Ursprung der Gene annehmen können. Dieser Prozeß besteht in der gemeinsamen Verbesserung der Meme und ihrer Kopiermaschinerie.

Das große Gehirn ist nur der erste Schritt. Es gab noch viele weitere. In jedem einzelnen Fall übertrumpfen qualitativ hochwertigere Meme qualitativ schwächere, und ihre Vorherrschaft befördert das Überleben des Apparats, von dem sie kopiert werden. Dies lenkt unsere Aufmerksamkeit auf die Frage, was die qualitativ hochwertigen Meme auszeichnet. Dawkins (1996a [1976], S. 312) hat dafür Langlebigkeit, Fruchtbarkeit und Wiedergabetreue vorgeschlagen.

Dies ist die Grundlage für mein Argument über die Ursprünge der Sprache (Blackmore 2000a [1999], 2000b). Im Umriß sieht es wie folgt aus: Sprache ist eine gute Art und Weise, Meme von großer Fruchtbarkeit und Wiedergabetreue zu erzeugen. Klang überträgt sich besser auf mehrere Personen zugleich als visuelle Reize das tun; in Wörter aufgegliederte Klänge lassen sich mit größerer Genauigkeit kopieren als kontinuierlich variierende Klänge; Klänge, die sich Wortstellungen zu Nutze machen, öffnen mehr Nischen, die von Memen besetzt werden können — und so weiter. In einer Gemeinschaft von Menschen, die Klänge voneinander kopieren, wird die memetische Evolution sicherstellen, daß die qualitativ hochwertigeren Klänge überleben. Der memetische Antrieb bevorzugt anschließend diejenigen Gehirne und Stimmen, die diese Meme am besten kopieren. Darum sind unsere Gehirne und Körper auf das Hervorbringen von Sprache adaptiert. Dieser Theorie zufolge ist die Funktion der Sprachfähigkeit nicht primär biologischer, sondern memetischer Natur. Die Kopiermaschinerie evolvierte Seite an Seite mit den Memen, die sie kopiert.

Dasselbe Argument erklärt, warum unsere Gehirne besonders auf die Aufnahme bestimmter Meme gegenüber anderen adaptiert sind. Zum Beispiel finden die meisten Menschen Mathematik und Lesen schwierig, während ihnen die Teilnahme an religiösen Ritualen, das Geschichten Erzählen und das Lieder Singen leicht fallen. Dieses Argument weist eine Parallele zu einem wichtigen Argument aus der evolutionären Psychologie auf. Es ist zunehmend offensichtlich geworden, daß das Gehirn keine Allzweck-Lernvorrichtung ist, sondern darauf adaptiert ist, auf der Grundlage genetischer Vorteile in vergangenen Umwelten bestimmte Dinge leichter zu erlernen als andere (Pinker 1998 [1997], Tooby und Cosmides 1992). Das Äquivalent auf der Seite der Meme ist, daß das Gehirn keine Allzweck-Imitationsmaschine ist, sondern eine Apparatur, die von der memetischen und genetischen Evolution dazu verfeinert wurde, bestimmte Meme besser als andere zu kopieren. Lieder, Geschichten und Rituale sind schon seit langer Zeit ein Bestandteil der Koevolution von Genen und Memen, während Mathematik und Lesen relativ neue Erscheinungen sind, die sich einer Maschinerie bedienen, welche nicht für sie entworfen wurde.

Diese neuen Erscheinungen haben nun weitere Möglichkeiten zur Verbesserung der Meme mit sich gebracht, und damit auch weitere Stufen der Gestaltung des Replikationsapparats — doch diesmal außerhalb des Gehirns. Schreiben hat die Langlebigkeit der sprachlichen Meme gesteigert und zugleich die Durchsetzung von Schiefertafeln, Füllern, Bleistiften, und Bibliotheken sichergestellt. Der Buchdruck hat die Fruchtbarkeit der Meme gesteigert, und die Verbreitung der gedruckten Bücher hat das Überleben von Druckerpressen, Fabriken und Buchhandlungen sichergestellt. Verkehrsverbindungen per Straße, Schiene, Schiff und Flugzeug dienten der schnelleren Verbreitung von immer mehr Memen, und diese wiederum förderten die Schaffung immer besserer Transportmittel.

Wir können erkennen, wie schnell dieser Prozeß gegenwärtig abläuft, zu einem Zeitpunkt, an dem sich die Kommunikations- und Verkehrstechnologien verbessern. Das Mobiltelephon ist ein gutes Beispiel. Vor zehn Jahren hätte nur eine Handvoll Leute seine phänomenale Ausbreitung vorhergesagt. Vom Privileg einiger reicher Geschäftsleute wurde es zum treuen Begleiter der meisten Teenager. Warum? Ein biologischer Vorteil wird kaum eine Rolle spielen, und der Nutzen für das Individuum ist fragwürdig, wenn Mobiltelephone die Privatsphäre beschneiden und zugleich Streß und Lärmemissionen steigern. Aus der Perspektive des Mems ergibt es jedoch einen perfekten Sinn. Über ein Mobiltelephon können die Menschen mehr Meme übermitteln als über ein stationäres Telephon. Indem sich diese Meme verbreiten, tragen sie zugleich die Idee des Gebrauchs des Mobiltelephons weiter, welches so Seite an Seite mit den Memen gedeiht, die es übermittelt. Dies legt die überprüfbare Voraussage nahe, daß der Erfolg oder das Scheitern neuer Technologien eng mit ihrer Effizienz als Memverbreitungsvorrichtungen zusammenhängt.

Ein weiteres generelles Prinzip ist die Verschiebung vom, wie ich es genannt habe, “Kopieren des Produkts” zum “Kopieren der Anweisung” (Blackmore 2000a [1999]). In Hinblick auf die Langlebigkeit, Fruchtbarkeit und Wiedergabetreue ist das Kopieren der Anweisung für die Herstellung eines Dings dem Kopieren des Produkts selbst vorzuziehen. Das Kopieren eines Produkts (etwa eines Rades, eines Tanzes oder einer erzählten Geschichte) läßt unweigerlich das Auftreten von Fehlern zu (wie in der oben verhandelten Suppe), und diese Fehler kumulieren über eine Sequenz von Kopien. Wiedergabegetreueres Kopieren läßt sich darum durch das Kopieren der Anweisung erzielen, insbesondere wenn diese sich leicht kopieren und sicher speichern läßt. In diesem Fall betreffen alle Fehler, die in der Herstellung des Produkts auftreten, nur dieses eine Produkt und nicht eine ganze Abstammungslinie. Eine weitere Reduzierung der Fehlerquote läßt sich durch eine Digitalisierung der Anweisung erreichen. Wie Dawkins (1996b [1995]) hervorhebt, ist dies der Grund dafür, daß sich digitale Codes sowohl in der Biologie (in Form des digitalen genetischen Codes) als auch in der menschlichen Technologie entwickelt haben, etwa bei Telephonen, Hifi-Systemen und Computern.

Das Kopieren der Anweisung führt außerdem zu einer höheren Fruchtbarkeit, da eine Anweisung immer und immer wieder benutzt werden kann. Darüber hinaus sind viele Produkte notwendigerweise vergänglich, während die Anweisung der Möglichkeit nach für immer gespeichert werden kann — egal ob in der menschlichen Erinnerung oder in kulturellen Artefakten.

Dies legt nahe, daß das Kopieren der Anweisung die bessere evolutionäre Strategie ist. In der Tat ist dies eine empirische Frage, die sich, zumindest in abgegrenzten Bereichen, überprüfen ließe. Angenommen, daß diese Überlegung korrekt ist, sollten wir im Verlauf der Evolution eine Verschiebung von einem Modus des Kopierens zu einem anderen finden, da die Produkte des besseren Systems die des schlechteren übertreffen. Das könnte der Grund dafür sein, warum wir heute in der Biologie die Unterscheidung zwischen Genotyp und Phänotyp finden, und warum ‘Lamarckische’ Vererbung bei sich sexuell reproduzierenden Spezies nicht vorkommt.

Viele menschliche Erfindungen lassen sich als Verschiebungen vom Kopieren des Produkts zum Kopieren der Anweisung betrachten. Zum Beispiel ermöglichte das Schreiben die ständige Wiedererschaffung derselben Geschichten, Mythen und sozialen Verträge aus den immer gleichen gespeicherten Anweisungen. Die Drucktechnik ermöglichte die Speicherung von Schrifttypen, die zur Herstellung vielfacher Kopien desselben Buchs verwendet werden können. In neuerer Zeit werden nach Anweisungen in Form von Konstruktionsanleitungen mit enormer Genauigkeit hochtechnologische Produkte hergestellt, und wir beobachten das Auftreten von Systemen, die Genotypen und Phänotypen in vieler Hinsicht ähneln. Zum Beispiel werden die Anweisungen für das Speichern und Anzeigen von Text in einem Textverarbeitungsprogramm jedes mal zuverlässig kopiert, wenn dieses auf einem Computer neu installiert wird (auch wenn die einzelnen Installationen der Programme nicht immer die gleiche Leistung erbringen), doch es sind die Produkte, die von den Nutzern hergestellt werden (Briefe, Bücher und dergleichen), die als Phänotypen oder Interaktoren wirken, insofern ihr Erfolg darüber bestimmt, wie viele weitere Kopien des Programms hergestellt werden.

All dies sind Beispiele für ein machtvolles und umfassendes evolutionäres Prinzip. Qualitativ hochwertigere Replikatoren verbreiten sich auf Kosten ihrer qualitativ schwächeren Konkurrenten, und indem sie das tun, verbreiten sie die Replikationsmaschinerie, von der sie kopiert wurden. Um es ganz einfach zu sagen: Es gibt eine Koevolution zwischen Replikatoren und ihrem Kopierapparat. Dies ist nicht nur die Art und Weise, in der sich Technik entwickelt, sondern auch die Erklärung dafür, wie wir Menschen zu unseren Gehirnen kamen.

(Übersetzt von Hajo Greif)

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[1]     “Mem, Biologie (Abkürzung von Mimem … dasjenige, was imitiert wird, nach GEN) Ein Element einer Kultur, das als auf nicht-genetischem Wege, insbesondere durch Imitation weitergegeben aufgefaßt werden kann.”